Yalda Afsah & Ginan Seidl | DE I 2015 | 30 min | OmdU
Die Kurzdokumentation „Boy“ (https://www.rosenpictures.com/Projekte/BOY) ist ein sensibles Doppelporträt zweier Frauen, die sich bewusst jenseits tradierter Geschlechterrollen verorten und damit das patriarchale System Afghanistans infrage stellen.
Erzählt wird die Geschichte von Farahnoz, die im afghanischen Mazar-I Sharif als Junge aufwächst. Sie spielt Fußball, fährt Fahrrad, geht in die Schule und hilft ihrer Familie, indem sie alltägliche Aufgaben erledigt. Anders als andere Mädchen in ihrem Alter, die längst verheiratet sind und im Haus bleiben müssen, genießt sie Freiheiten, die in Afghanistan sonst nur Männern vorbehalten sind.
Farahnoz wurde in der Tradition der „Bacha Posh“ erzogen. Als „Bacha Posh“ werden in Afghanistan einzelne Mädchen von frühester Kindheit an als Jungen gekleidet und erzogen. Bis heute sind Söhne in Afghanistan mehr wert als Töchter – sie sind Beschützer, Bank und Altersvorsorge für ihre Eltern. Wenn Mütter keinen Stammhalter zur Welt bringen, gelten sie als Versagerinnen. Ist nach fünf Kindern immer noch kein Sohn geboren worden, so erlaubt es die Tradition deshalb, die jüngste Tochter zur „Bacha Posh“ zu machen. Doch die Angst vor einer Zwangsehe hängt über Farahnoz hängt wie ein Damoklesschwert. Gelten die „Bacha Poshs“ als heiratsfähig, werden sie wie „normale“ Mädchen verheiratet.
Die afghanische Sängerin Elaha kennt dieses Gefühl. Sie entschied sich selbst zu einem Leben als Junge, um selbstbestimmter zu sein. Sie beschreibt sehr genau, wie anders die Umwelt auf sie reagierte, aber auch, warum die Maskerade an ihr Ende kam, als sie als junge Frau Morddrohungen der Taliban erhielt.
Farahnoz und Elaha beeindrucken durch ihren Mut und ihre Entschlossenheit. Gleichzeitig wird deutlich sichtbar, wo der Wille zu Freiheit und Selbstbestimmung an die Grenzen verkrusteter gesellschaftlicher Vorgaben stößt – sei es in Afghanistan oder in Europa.
Gespräch mit:
Nilofar Schoaib (deutsch-afghanische Aktivistin und Feministin)
Mina Faizi (Feministin, Afghanistan, lebt seit kurzem in Deutschland)
Axel Steier (aktiv für die Rettung von afghanischen Ortskräften bei Mission Lifeline)
Ali Samadi Ahadi | DE | 2011 | 80 min | OmdU
The Green Wave spielt im Jahr 2009 und handelt von einer gestohlenen Wahl im Iran. Eindrucksvoll werden uns die damaligen Proteste in Erinnerung gerufen und vor Augen geführt, warum 2022 niemand mehr an die Reformierbarkeit der Islamischen Republik Iran glaubt und warum Straßenproteste an Militanz gewonnen haben. Deutlich sichtbar werden die Kontinuität der staatlichen Gewalt, der Folter und systematischen Anwendung sexualisierter Gewalt. Der Film ist eine Mischung aus Dokumentations- und Animationsfilm, neben Interview-Szenen finden sich animierte Erzählstränge, die aus Facebookposts und Twitternachrichten zusammengesetzt wurden.
Grün, das war das Erkennungszeichen der Anhänger:innen von Präsidentschaftskandidat Mir Hossein Mussawi, der zur Symbolfigur der „grünen Revolution“ im Iran aufstieg. Die Präsidentschaftswahlen am 12. Juni 2009 sollten einen Wechsel bringen. Viele hofften damals noch auf die Reformierbarkeit der Islamischen Republik. Doch entgegen aller Erwartungen wurde der ultrakonservative Populist Mahmud Ahmadineschad im Amt bestätigt.
So deutlich das Ergebnis ausfiel, so laut und berechtigt waren dann auch die Vorwürfe der Wahlmanipulation. Die anhaltenden „Wo ist meine Stimme?“-Protestdemonstrationen wurden von staatlichen Milizen (Basij) immer wieder brutal angegriffen und aufgelöst. Private Aufnahmen von Handys oder Fotokameras zeugen von dieser maßlosen Gewalt: Menschen werden verprügelt, erstochen, erschossen, verhaftet, verschleppt, manche verschwinden spurlos. Zahllose Tote, Verletzte und Folteropfer, und eine weitere tiefe Wunde im Herzen der Iraner bleiben zurück.
Der Film schafft ein tieferes Verständnis der revolutionären Bewegung im Iran heute.
Katja Riemann | DE | 2020 | 46 min | OmdU
Ole Jacobs und Arne Büttner | 2021 | 85 Minuten | OmdU